Wobbling: Sapnnungssphären. Skulptur und Tanz auf Neuerkundung. Karl-Heinz Ströhle und konnex TanzTheater im Theater des Augenblicks Juni 2008
Hauptakteure der Performance von KonnexTanzTheater und Karl-Heinz Ströhle, sind einmal nicht die Tänzer sondern die Skulpturen. Es „wobbelt“ im Theater des Augenblicks. Während der etwa 40minütigen installativen Performance zeigen sich die „Wobbels“ als wahre Verwandlungskünstler.
Karl Heinz Ströhles bewegliche, zuweilen an Alexander Calder erinnernde Federstahlskulpturen wirken wie durch Verbindungslinien stillgestellte Mobiles, die sich eben diesen Stillstand nicht gefallen lassen wollen. Während die vier Perfomer von Konnex die Skulpturen im Raum hin- und hertragen und so immer neue Formationen aufstellen, beginnen die Wobbels, durch die Interaktion in Bewegung gesetzt, ein hybrides Eigenleben.
Im Auge des Betrachters flimmern Aspekte wackliger Beine, familiären Kaffeeklatsches auf, die sich mit den abstrakt geometrischen Figuren verbinden. Während der Performance scheinen sie sich mehr und mehr mit Energie aufzuladen, die den menschlichen Darsteller auf der Bühne verdrängt. Die Performer werden zu Statisten, die dem Kampf mit der anderen Energie chancenlos gegenüber stehen. Wiederholt dämpfen die Tänzer das Licht. Die Schaltbewegung wird zur demonstrativen Gegengeste, die die im Raum verteilten Figurengruppen zu Schattenzeichnungen zu reduzieren versucht.
Doch selbst die Schatten erobern ihren Platz zurück. Letztlich dreht der Lichtschalter in diesem Setting den gesamten „White Cube“. Denn die wie Zeichnungen wirkenden Schattenrisse, deren Muster den Boden strukturieren, funktionieren die Bodenfläche zum Bühnenbild um. Unterdessen läuft im Hintergrund auf einer der Wände eine Videoprojektion ab, auf der zweidimensionale Wobbles mit fast karikaturistisch verkleinerten Tänzern interagieren. Der Schein der Technik macht die Tänzer zu Artisten. Choreographie trifft auf Skulptographie.
Doch während Darsteller wie Skulptur als „Graphe“ in der Simulation auf einer Ebene interagieren können, bleibt ihre Körperlichkeit im reellen Raum inkompatibel. Selbst der Versuch der Tänzer mit zirzensischen Gesten, im „Posing Project“ quasi, eine „Art of Wow“ (Chris Haring) dem Skultpurartisten entgegenzusetzen, bleibt ein vergebliches Gegenanrennen.
Zugleich zeigt sich eine irritierende Ähnlichkeit zwischen der mechanischen Bewegungsqualität von Federskulptur und Tänzer. Dies birgt tanzgeschichtlich eine leichte Ironie, tritt doch besonders ein auf Release Technik basierendes Bewegungsmaterial gerne als Kämpfer gegen das mechanische „posing project“ Ballet an. In dieser Performance nun wird die Skulptur zum Spiegel, die dem noch so minimalen und freien Tanz mechanische Tendenzen nachweist. Im Gegenzug verweisen die Darsteller auf die Einschränkung der Skulptur, die trotz allen „Wobblings“ aus ihrer strukturbildenden Kreisharmonie nicht fliehen kann. So werden beide Medien zur Grenzziehung des jeweils anderen. Skulptur wie Performance schließen sich im Versuch der Öffnung gegeneinander ab. Insofern wirft die performative Installation von KonnexTanzTheater/Ströhle die Frage auf, inwiefern das scheinbare Verlangen der Skulptur nach tänzerischer Ergänzung, das die Wobbels zweifellos auslösen (dies zeigt bereits die Reaktion der Kinder im Zuschauerraum) sich nicht eigentlich selbst genügt. Das hieße, die wahre Lust skulpturaler Sinnlichkeitserfahrung läge in einem imaginativen „Hingespanntsein“. Beginnt dies im medialen Konnex einmal zu wobbeln, bedarf es neuer „Federn“ um das Wobbling-Mobile zwischen Tanz und Skulptur zu spannen. Es bleibt also spannend!