Romana Hagyo. Zur Arbeit “Schwellenzauber”


Romana Hagyo, Schwellenzauber (nach Walter Benjamin), Spaziergang durch Stadlau. C-print 125×90 cm, 2012

“Hier beginnt die Identifikation der Stadt durch die Passage im Zeichen der Mythologie des Übergangs, des ʹSchwellenzauber[s]ʹ mit dem die [v]orm Eingang der Eisbahn, des Bierlokals, des Tennisplatzes, der Ausflugsorte ʹominipräsenten “Penatenʹ jeden Raum zu ʹgeheimnisvollen Schwellenʹ verwandeln, selbst den ʹim Interieur der Bürgerwohnungʹ: ʹStühle, die eine Schwelle, Photos, die den Türrahmen flankieren, sind verkommene Hausgötter und die Gewalt, die sie zu beschwichtigen haben, trifft uns noch heute mit den Klingeln ins Herzʹ (V/1, 238), und von hier aus greift der ʹSchwellenzauberʹ durch ʹdies Klingelnʹ auch auf das Medium der Bilderfolge zu, wenn es ʹim Kaiserpanorama mit der leisen Erschütterung des weichenden Bildes einsetzt und das nächste verkündetʹ (V/1, 141)”. (1)

Die Fotoserie referiert auf Walter Benjamins Begriff des “Schwellenzaubers” und erzählt von einem Spaziergang durch Stadlau (2), einen Stadtteil am Rande Wiens im Übergang zwischen gewachsener urbaner Struktur und Stadterweiterung. Die Route brachte starke Gegensätze zum Vorschein: schmale Gassen, Plätze mit dorfähnlichem Charakter einerseits, Bauland und Manifestationen der Stadterweiterungspolitik anderseits. Der ehemalige Genochmarkt wurde geschlossen, im angrenzenden Gebiet soll ein neuer Stadtteil auf einer Grundfläche von über 140.000 Quadratmetern geschaffen werden, für den man sich unter anderem Zuzug auf der Slowakei erhofft.

“Schwelle” bezeichnet Übergänge und Grenzbereiche, im Passagen-Werk im Besonderen zwischen Stadteilen, Innen- und Außenräumen, aber auch zwischen Jugend- und Erwachsenenalter. Walter Benjamin hat sich im Passagen-Werk mit den Schwellen der Stadt der Moderne auseinandergesetzt, die Fotografien der Serie fragen nach dem Zauber der Schwellen der globalisierten Stadt.

1) Landfester, Ulrike: “Die ganze entstellte Welt der Kindheit”. In: Brüggemann, Heinz et al.: Walter Benjamin und die romantische Moderne. Würzburg (Königshausen und Neumann) 2009: 268

2) Im Rahmen des Projekts Stadlnova2011 von Stefanie Sandhäugl und Helmut Preis