Christian Rupp

Videoarbeit “Aurum Potabile”

Hintergrund-Stichworte Schlusszitat von Justus von Liebig (1803 – 1873) bezogen auf Abb. 1: „Die Unkenntnis der Chemie und ihrer Geschichte ist der Grund der sehr lächerlichen Selbstüberschätzung, mit welcher Viele auf das Zeitalter der Alchemie zurückblicken, wie wenn es möglich gewesen wäre, dass über tausend Jahre lang die kenntnisreichsten und schafsinnigsten Männer eine Ansicht für wahr hätten halten können, der aller Boden gefehlt und welcher keine Wurzel gehabt hätte.“ [2] http://www.uni-bayreuth.de/departments/ddchemie/umat/alchemie/alchemie.htm aus Strube, Wilhelm: Der historische Weg der Chemie, 1. Aufl., Aulis Verlag Deubner & Co. KG, Köln, 1989.

Allerdings handelt es sich bei der Alchemie nicht nur um eine praktische Disziplin im Sinne einer Proto-Chemie. Sie hat vielmehr auch eine philosophische Dimension: die verschiedenen alchemischen Vorgänge – wie beispielsweise die Umwandlung eines bestimmten Metalls in ein anderes – stehen hier für die Entwicklung des Menschen, d.h. für inner-psychische Prozesse. Diesen psychologischen Aspekt der Alchemie betonte vor allem der schweizer Psychiater und Psychoanalytiker Carl Gustav Jung, der sich eingehend mit ihr beschäftigte und versuchte, sie für seine Analytische Psychologie fruchtbar zu machen. Transmutation – die Umwandlung von Elementen ineinander (Metallen) da sie ja alle nur unterschiedliche Gemische der Ur-Elemente (Erde Feuer Wasser Erde) sind.

Stammzellen sollen in analoger Weise den Grundstein bilden um jegliches Körpergewebe (nach-)züchten zu können. Hier gibt es eine weitere Parallele: Alchemisten befassten sich auch mit der Herstellung lebender Kunstwesen (Homunculus, Basilisk). Anklänge an diese okkulten Experimente finden sich beispielsweise noch in Goethes Faust I und Faust II und in Meyrinks Golem. Manche Gefäße der Alchemisten werden nach Tieren benannt, so z.B. Igel oder Gans oder das Menschliche Paar. Wichtige Grundlage und sozusagen die Bibel der Alchemisten war die Tabula Smaragdina. Sie ist eine dem Hermes Trismegistos zugeschriebene, ursprünglich wohl griechische, später in lateinischer Fassung verbreitete Sammlung von wenigen, schwer verständlichen und auslegungsbedürftigen Sätzen, in denen die gesamte Weltweisheit enthalten sein sollte. Und auch die DNA ist ja für uns noch sehr auslegungsbedürftig.

Noch ein Aspekt: Alchemie Suche nach Gold / ewiger Jugend (engl. das Mittel “universal panacea”) / Stein der Weisen / Schaffung von menschlichem Leben. Life-Sciences sind blühender Wirtschaftszweig, es geht darum der Vergänglichkeit des Lebens entgegenzuforschen, man sucht auch oft nach ganz grundlegenden Antworten über das Leben und das “Selbst”.

Aurum Potabile – trinkbares Gold schon von Paracelsus als Allheilmittel und Elexier des Lebens produziert – auch heute in der Nanoforschung wird an Gold-Nanopartikeln die in einer Lösung suspendiert sind geforscht (siehe answers.com: “aurum potabile”) Herrscher und Reiche hielten sich Alchemisten am Hof um Gold zu machen, bzw. Elixiere die Ihnen zu längerem oder gar ewigem Leben verhelfen sollten. Politiker siedeln Life-Sciences an um Gewinn und Arbeitsplätze in die Region zu bringen. Die Stadt Wien investierte in 8 Jahren 130 Mio. Euro in den Life-Sciences Standort Wien.

Alchemie war auch Handwerk und es wurde bewusst Wissen geheim gehalten, weil es um Macht und Reichtum ging -> Auch heute wird bewusst Wissen geheimgehalten oder in seiner Nutzung beschränkt – siehe Patente – siehe Zugang zu privatenwirtschaftlichen Labors (wenn man dort filmt wird man sofort gefragt…) Das sind auch Rückschritte die sich aus der Kommerzialisierung der Forschung ergeben haben (die, wie ja auch ihre zentralen Institutionen, die Universitäten, zunehmend privatwirtschaftlich organisiert wird.)

Stichwort “Patent auf Leben” Paracelsus war Alchemist und hat behauptet, den Stein der Weisen gefunden zu haben und ewig leben zu können. Viele Entdeckungen der Alchemie wie auch der Life-Sciences sind Zufallsentdeckungen. Viagra wurde auf andere Wirkungen getestet – die gewinnträchtige Anwendungsmöglichkeit fand man, da die Probanden die Restbestände nicht zurückgeben wollten.