Angela Schwank
nothing else buttery
Die Interpretation der Ergebnisse verhaltensgenetischer Untersuchungen ist respektive der angewandten statistischen Methoden und schwer kalkulierbarer Umweltfaktoren problematisch – ein Umstand, der im medialen Echo der Forschung oft untergeht, ebenso wie die Tatsache, dass sich — entgegen dem Anschein so mancher Sensationsmeldung —erbliche Verhaltensmerkmale, mithin auch veranlagte Verhaltensstörungen, genetisch i.a. ungleich komplexer darstellen als „monogene“, von einem mutierten Gen verursachte Erbkrankheiten.
Meine Arbeit „nothing else buttery“ *) knüpft an vorgebliche Sensationsmeldungen aus dem Bereich der Verhaltensgenetik an. Sie zielt auf mehr oder minder extreme Positionen eines genetischen Reduktionismus, die den Glauben befördern, Verhaltensmerkmale seien je auf ein bestimmtes Gen zurückführbar.
Im Zuge der fortschreitenden Entwicklung der Gentechnik und der Möglichkeiten gezielter Manipulation des Erbgutes durch sie wecken Meldungen wie etwa die Entdeckung eines „Schwulen-Gens“, eines Gens für aggressives Verhalten, eines Gens für Alkoholismus oder eines „Gottes-Gens“, das unmittelbar für die Fähigkeit des Menschen zur „Selbst-Transzendenz“ verantwortlich sei, gewisses Unbehagen. Sie lassen befürchten, dass die qualitative Identität künftiger Menschen im Anfangsstadium ihrer Entwicklung weitgehend planbar werden könnte. An einem solchen Zukunftsszenario — ob nun bloßes Sciencefiction oder nicht — entzünden sich starke ethische Vorbehalte gegenüber den Biowissenschaften im allgemeinen. Und sie nähren die Befürchtungen vieler Menschen vor jeglichem Eingriff in das menschliche Genom, wobei das Vermögen und Fortschrittspotential der Forschung oft überschätzt wird in der hilflosen Hinnahme eines szientifisch-reduktionistischen Weltbildes.
Es fragt sich, inwieweit Wissenschaftler um der Reputation ihrer Forschung willen nicht kräftig an der Verbreitung eines solchen Weltbildes mitstricken und so auch wesentlich Mitverantwortung tragen am Zustandekommen einer als „genetischer Essentialismus“ bezeichneten neuen Form säkularen Aberglaubens.
- der Titel zitiert Julian Huxley, seine ironische Umschreibung der Position „alles steckt in den Genen“.