Grenzen der Naturwissenschaft

Beim Thema Klimawandel stoßen die Naturwissenschaften an Grenzen: nicht weil sie das Phänomen und die Prozesse nicht verstehen, noch weil sie alles restlos aufgeklärt haben, sondern weil es ihnen nicht gelingt, der Gesellschaft die Notwendigkeit des Handelns verständlich zu machen.

Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre wesentlich höher liegen als je in den letzten 600.000 Jahren und dass erhöhte Treibhausgaskonzentrationen zu globalem Temperaturanstieg und damit auch zu Änderungen in allen anderen Klimagrößen führen. Es ist auch bekannt, dass im Klimasystem Rückkoppelungsprozesse eingebettet sind, die sich – wenn einmal angestoßen – ohne weiteres Zutun des Menschen verstärken. Einmal in Schwung, sind einige davon wahrscheinlich vom Menschen nicht mehr zu bremsen (Kipp-Punkte). Dies zu vermeiden, hat man sich auf das Ziel, den Temperaturanstieg auf 2°C einzugrenzen, geeinigt. Dieses Ziel wurde sogar auf der sonst recht erfolglosen Klimakonferenz in Kopenhagen von allen akzeptiert.

Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Treibhausgaskonzentrationen 450 ppm nicht überschreiten. Das wiederum bedeutet, dass der Einsatz von fossilen Brennstoffen begrenzt werden muss. Die dafür notwendigen alternativen Energien sind grundsätzlich verfügbar. Ein wesentlicher Schritt zur Emissionsreduktion könnte daher sofort gemacht werden. Trotzdem geschieht – gemessen an den Notwendigkeiten – praktisch nichts.

Das liegt kaum am fehlenden Verständnis. Man könnte die Ursachen im „System“ suchen. Aber auch hinter dem „System“ stehen Menschen. Und die weitere Analyse führt Gründen, die im emotionalen, nicht im kognitiven Bereich liegen – zu Angst, Trägheit, Gier, Selbstsucht u.ä.. Deshalb stoßen die Naturwissenschaften an Grenzen.

Hier könnte aber möglicherweise die Kunst ansetzen. Was eine Gleichung nicht vermitteln kann, mag durch ein Bild erfassbar werden. Was noch so viele Vorträge nicht transportieren können, mag Musik erlebbar machen. Einen Versuch ist es wert. Denn diesmal geht es um´s Ganze.

Bleibt den Naturwissenschaften nur die Aufgabe, die Künstler zu überzeugen ….. Oder haben sensible Menschen einen Sinn für das, was Wissenschaftler glauben mühsam beweisen zu müssen?

Helga Kromp-Kolb
Universität für Bodenkultur Wien
Institutsleitung Institut für Meteorologie
Peter Jordan Str. 82
A-1190 Wien
Email: helga.kromp-kolb(at)boku.ac.at
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Forschschungschwerpunkte: Klimatologie, Meteorologie, Glaziologie, Umweltforschung, Energiewirtschaft Schadstoffdeposition und Schadstoffemission, Zivil- und Katastrophenschutz, Humanökologie und Risikoforschung