Titel der Arbeit:
Gerhard Stäbler. Grenzgänger.Musiker.Komponist.
Fachbereich: Musikgeschichte
Erstbetreuer: o.Univ.-Prof. Dr. Reinhard
Ziel meiner Dissertation ist ein Portrait des Komponisten Gerhard Stäbler, den ich in mehrerenGesprächen und Konzerten persönlich kennenlernen konnte.
Das Thema ist insofern von besonderem Interesse, als Stäbler seit den 70er Jahren alle damals in der Neuen Musik aufbrechenden Probleme nicht nur erbt, sondern aufnimmt und zum Teil originelle Lösungen bereitstellt. Man bekommt es bei ihm nicht nur mit den postseriellen Techniken, sondern auch mit Fluxus und der dort vertretenen Einheit von Kunst und Leben, mit der Politisierung des ästhetischen Diskurses und mit der medialen Diversifizierung der Neuen-Musik-Szene und der Zerfaserung der vordem selbstverständlich erscheinenden Optionen zu tun. Es geht zunächst um ein im Komponieren seit vielleicht dreißig Jahren aktuell gewordenes Thema: das der individuellen Wahrnehmung, das Stäbler interessiert und das er in seinem Komponieren berücksichtigt. Es folgt wie auch manche andere Elemente von Stäblers Ästhetik (zB mittels Licht- und Duftgestaltung) den Hauptlinien des durch Protagonisten wie Lyotard oder Deleuze vertretenen postmodernen respektive poststrukturalistischen Denkens. Allerdings erscheinen diese Prinzipien bei Stäbler modifiziert und ergänzt durch solche, die aus dem politischen Engagement des Komponisten hervorgegangen sind. Und schließlich wird den graphischverbalen notierten (im Eigenverlag Edition EarPort erschienenen) Stücken Stäblers besondere Aufmerksamkeit gewidmet, die keinen geringeren Raum bei ihm einnehmen und in denen sich auch sonst von ihm verfolgte Motive wie Dialogizität, Grenzüberschreitung, Mischung und Vieldeutigkeit zuspitzen. Der „engagierten“ Kunst und Musik wurde in den 60er und 70er Jahren viel theoretische Bemühung gewidmet. Die historische Aufarbeitung der ganzen Bewegung, die jetzt aus einem gewissen Abstand möglich und dringend erforderlich erscheint, steckt dagegen noch in den Anfängen, und vor allem fehlt es ganz an einer Untersuchung und kritischen der seither von einzelnen Vertretern weitergeführten Ansätze. Da schließlich eine wissenschaftliche Befassung mit dem Phänomen der graphischen Notation und den entsprechenden Stücken, die ihre eigenen theoretischen und analytischen Probleme aufgeben, noch kaum begonnen hat, ist es mir ein großes Anliegen, dieses Thema anhand von Stäblers Werken aufzuarbeiten.