Ilse Chlan

Ilse Chlan – Elise Penzias

utopie freiheit : privat

Die Stadt des Kindes 2005. Begehungen

Video-Triptychon

3 videos, 46 min/ 23 min/ 23 min

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Der Ort

Die „Stadt des Kindes“ 2005
Anlässlich des 50. Jahrestages der Republik Österreich beschloss die Stadt Wien im Jahr 1968 ein Kinderheim zu bauen, das neue Maßstäbe setzen sollte in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die aus verschiedenen Gründen nicht bei ihren Familien aufwachsen können. Das Heim sollte keine Disziplinierungsanstalt für schwer erziehbare Kinder sein, sondern eine Einrichtung, in der Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen die Chance bekommen sollten, in Freiheit die eigenen Fähigkeiten und Talente zu entwickeln.
Aus dem Wettbewerb ging der Entwurf des Architekten Anton Schweighofer als Siegerprojekt hervor. Seine Idee wurde als Versuch gesehen, die Utopie vom Aufwachsen in Freiheit („Utopie“ als den Nicht-Ort, das was es nirgends gibt) zum Ort und damit zu einer Heimat für Kinder zu machen.
Ein revolutionäres und großzügiges Konzept: Keine Schlafsäle, keine Mauern, keine Zäune, kein Portier, vielmehr eine zur Umgebung hin offene, durchlässige Anlage mit familienähnlichen Einheiten. Dazu gab es Einrichtungen, die auch den Bewohnern der Umgebung offen standen, ein Schwimmbad, ein Café, eine Töpferei, ein Theater, einen Ballettsaal, einen Kleintierzoo samt Voliere, eine Bibliothek, einen Turnsaal und Sportplätze. All das wurde über 30 Jahre von den Anrainern in Hadersdorf-Weidlingau ebenso genutzt. Die Stadt des Kindes wollte sich einfügen in die demokratische Gesellschaft: Sicherheit und Durchlässigkeit zugleich gewähren, Geborgenheit und Offenheit, Erziehung in einer Gemeinschaft und Freiheit.
Im Jahr 2002 wurde das Heim geschlossen. Heute werden die Kinder in kleineren, dezentralen Einheiten, in Wohngemeinschaften betreut. Die Anlage, die baulich immer noch in einem guten Zustand ist, steht leer. Die heute überall angebrachten „Betreten verboten“ – Schilder stehen im krassen Gegensatz zur ursprünglichen Idee.
Im Gedankenjahr 2005 wurde die Stadt des Kindes verkauft. Die ursprünglichen Wohneinheiten sollen zu Eigentumswohnungen umgebaut werden. Was ist aus der Utopie von gestern geworden?

Die Zeit

Zwei Geschwindigkeiten: mit beschleunigtem Schritt werden die Räume durchmessen, mit verlangsamtem Blick den Spuren, den Geschichten nachgegangen.

Mit beschleunigtem Schritt:
Eine Begehung von zwei miteinander verbundenen Wohnhäusern, wo jeweils zehn Kinder und Jugendliche in familienähnlichen Wohngemeinschaften lebten. Alle Räume werden abgeschritten und damit körperlich ausgemessen. Spuren der früheren Bewohner werden flüchtig sichtbar. Daraus ergibt sich eine ganz eigene Perspektive auf die Räume, die die Zeitlichkeit mit einbezieht. Video 1 zeigt die Begehung des linken Hauses, die Kamerabewegung erfolgt links herum, Video 2 zeigt das rechte Haus, Kamerabewegung rechts herum.

Mit verlangsamtem Blick:
Video 3: Ansichten, Wohnräume, Gemeinschaftsräume, die Spielstraße.
Ehemalige BewohnerInnen und SozialpädagogInnen sprechen über ihr Leben und ihre Arbeit in der Stadt des Kindes, Anrainer über ihre Besuche in der Stadt. Der Architekt Anton Schweighofer spricht über die Rolle der Architektur für das Leben, die Entwicklungsmöglichkeiten der Menschen, die in dieser Architektur leben, über Freiheit und Reglementierung.
Der Ort wird dabei zur Projektionsfläche für gesellschaftliche Veränderungen. Und er enthält Geschichten, Erinnerungen, die ihm buchstäblich an die Wände geschrieben wurden.