Praktika dürfen keine realen Beschäftigungsverhältnisse ersetzen

ÖGB-Stellungnahme zur Konsultation zu Qualitätsrahmen für Praktika

Die Anforderungen, die an junge Menschen gestellt werden, um für den Arbeitsmarkt attraktiv zu sein, werden immer größer. Berufserfahrung oder praktische Erfahrung wird von vielen Unternehmen vorausgesetzt, um eine Chance auf Anstellung zu bekommen. Auch in Österreich gibt es aber zunehmend Belege dafür, dass Praktika, vor allem nach Absolvierung eines Hochschulstudiums, hochwertige Beschäftigungsverhältnisse ersetzen, anstatt auszubilden und praktische Fertigkeiten zu vermitteln.

Praktikumsalltag: geringe Bezahlung und kaum soziale Absicherung
Die EU-Kommission hat die aktuellen Schwierigkeiten richtigerweise erkannt, denen sich PraktikantInnen heutzutage gegenüber sehen: geringe oder keine Bezahlung, kaum soziale Absicherung, Einsatz für alltägliche Arbeiten und Ersatz für reale Arbeitsplätze. Der ÖGB begrüßt daher im Rahmen der öffentlichen Konsultation die Initiative der EU-Kommission für einen Qualitätsrahmen für Praktika. Dieser sollte jedoch so bindend wie möglich sein, vorzugsweise in Form einer EU-Richtlinie. In diesem rechtlichen Rahmen sollte auch festgelegt werden, dass Praktika kein reales Beschäftigungsverhältnis ersetzen dürfen und aufeinanderfolgende Praktika nicht zulässig sind.

ÖGB für bindenden Praktikumsvertrag mit Qualitätskriterien
Der Qualitätsrahmen sollte sich bevorzugt auf Praktika als Teil eines Ausbildungsprogrammes beziehen, aber auch für postgraduale Praktika zwischen PraktikantIn und Arbeitgeber sowie transnationale Praktika gelten. Der ÖGB spricht sich für eine maximale Praktikumsdauer von sechs Monaten aus. Ein eigener Praktikumsvertrag sollte u.a. Ausbildungsziele, Aufgabenbereiche, Vergütung und verpflichtende Sozialversicherung schriftlich festhalten. Weiters sollen PraktikantInnen auch Anspruch auf Erstattung der während des Praktikums anfallenden Kosten haben. Um junge Menschen durch die Absolvierung eines Praktikums nicht in die Armutsfalle zu treiben darf die Bezahlung nicht unterhalb des Kollektivertrages liegen und auch geleistete Überstunden müssen berücksichtigt werden. BetreuerInnen und Evaluierung sollen die Qualität des Praktikums gewährleisten. Für den Erfolg der Initiative fordert der ÖGB in seiner Stellungnahme insbesondere die Einbindung der Sozialpartner bei der Ausgestaltung und Überwachung ein.

Europäische Qualitätscharta für Praktika als gutes Vorbild
Die EU-Kommission plant auf Grundlage der Konsultationsergebnisse bereits für Herbst einen einsprechenden Vorschlag. Der ÖGB und der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) haben sich in den vergangenen Jahren bereits aktiv für einen solchen Qualitätsrahmen eingesetzt. Im Vorjahr hat das Europäische Jugendforum erstmals eine Qualitätscharta für Praktika und Lehrlingsausbildungen präsentiert, die auch von der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) unterstützt wird. Und auch das EU-Parlament hat sich in einem Bericht für eine Qualitätscharta ausgesprochen.

Information: 050301–21593