Physics Today. Lise Meitners Maschine
Claudia Mongini

Ausgangspunkt meiner Arbeit ist das Leben und Schaffen der Physikerin Lise Meitner, eine der ersten Frauen, die im deutschsprachigen Bereich eine Karriere an der Universität antrat. Insbesondere versuche ich, einige Verflechtungen zwischen ihrer Biografie, ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit sowie dem soziopolitischen Kontext, in dem sie lebte, ästhetisch zu rekonstruieren.

Die Analyse der Semiotik der Abbildungen einer Fachzeitung (Physics Today) deutet auf Meitners im Schatten gebliebene Position im Vergleich zu ihrem langjährigen Kollegen Otto Hahn. Trotz der Präsenz innerhalb der Zeitschrift durch zwei Artikel über Frauenpositionen in der Physik (in dem einen erzählt L. Meitner über ihre Position als Frau in der Wissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der andere befasst sich mit die Rolle der Physikerin in den 1960er-Jahren) ist die männliche Dominanz innerhalb des Gebietes bis in die (oder gerade in der) Werbung deutlich wahrnehmbar. Diese Feststellung führte zur Anfertigung einer selbst gestalteten „Fake“-Physics Today-Zeitschrift. Darin habe ich ausgewählte dokumentarische Einblicke über Meitners Leben, ihre Beziehung zur Wissenschaft und Aspekte ihres Werkes, die mein Interesse fürs Thema geweckt haben, eingefügt. Indem ich diese eher wissenschaftlichen Aspekte in die künstlerische Arbeit einbeziehe, verstehe ich die Komplexität der theoretischen Fragestellungen nicht als eine Beilage zur künstlerischen Installation, sondern als deren konstitutiven Teil.

Die Stiege innerhalb der Bibliothek der BOKU bildet einen Anlass, um gezielte dokumentarische Information aufzurollen und somit lose Verbindungen zwischen unterschiedlichen Dimensionen zu stiften: dem Männer dominierten universitären Kontext, in dem sich Meitner ihren Weg erkämpfte, und ihren sowohl eigenen Notizbüchern als auch wissenschaftlichen Publikationen.

Eine Maschine (Neutronenbeschleuniger), die Meitner zwar entwarf, deren Erfindung ihr jedoch nicht zuerkannt wurde, bildet den Ausgangsgedanken eines Videos. Aus einer wissenschaftlichen Abbildung ist hierfür eine dreidimensionale Animation konstruiert worden. Das Objekt wird hier abstrahiert dargestellt; nur zwei Bilder, die physikalische Ideale der Zeit auffassen (Beschreibung der Bahnen eines Elektrons und Darstellung der Zertrümmerung eines Kerns), deuten auf den ursprünglichen Kontext.

Die Zeitschrift kann als erster Fixpunkt verstanden werden, in dem sich ein wissenschaftlich-rationaler Kontent verdichtet; durch die Stiege gelangt man sodann zu dem zweiten Fixpunkt, zum Video, welches im Gegenteil eine intuitive Dimension vordergründig erscheinen lässt.