Forschungsprojekt Empowerment

www.deconstruct.at ist ein projekt gefördert vom WWTF – Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds

Projektteilnehmer:

Die Angewandte
FORBA
Kunst im Grünen Kreis
NANK
Zobl Schneider

Foto © Zobl Schneider

Auf der Suche nach gesellschaftlicher Wirksamkeit und Legitimation haben viele künstlerische Initiativen ebenso wie sozialwissenschaftliche ForscherInnen den Anspruch entwickelt, den AdressatInnen des eigenen Schaffens, insbesondere sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen, zu einer wie auch immer definierten Handlungsermächtigung zu verhelfen (z.B. „partizipative Kunst“ oder „engagierte Sozialwissenschaft“). Das Spektrum der Einbeziehung „Betroffener“ in Forschungs- und Kunstprojekten reicht dabei von der Dokumentation von deren Erfahrungen und dem Versuch, ihnen „eine Stimme zu geben“, über die Anregung eigener künstlerischer und wissenschaftlicher Arbeiten bis hin zu konkreten Interventions- und Unterstützungsmaßnahmen wie der Gestaltung von sozialen Räumen und Situationen.

Den Begriff “Empowerment” verwenden wir also als Oberbegriff für eine Reihe von Orientierungen auf die Erweiterung der sozialen Möglichkeiten benachteiligter Gruppen mit dem Ziel einer gesellschaftlichen Demokratisierung. Das Projekt wird Wissen darüber entwickeln, wie Empowerment-Projekte in Kunst und Sozialwissenschaft “funktionieren”, wie man sie professionalisieren und Fehler vermeiden kann. Dazu werden die beteiligten SozialwissenschafterInnen und KünstlerInnen nach einer Bestandsaufnahme der vorhandenen Positionen aus Literatur und eigener Praxis Projekte der je “anderen Seite” mir ihren Mitteln und Methoden untersuchen:

SozialwissenschafterInnen führen vergleichende Fallstudien über Kunstprojekte mit den Methoden der Sozialwissenschaften durch, KünstlerInnen beobachten sozialwissenschaftliche Forschung, reflektieren und interpretieren deren Verfahren, Materialien und Befunde mit dem Ziel, theoretische und praktische Vorarbeiten für eigene Werke, Performances oder Interventionen in originären Kunstsprachen zu schaffen. Untersucht werden Entstehung, Verläufe, Folgen und kritische Verzweigungen solcher Projekte und die Dynamiken zwischen “professionellen”, “aktivistischen” und “beteiligten” Positionierungen. Die Untersuchungsfälle werden vorwiegend dem Themenbereich “Arbeitswelt” entstammen: Arbeit und Organisation, Prekarisierung, Arbeits- und Lebensbedingungen benachteiligter Gruppen, usw.

Andere aktivieren?

Fallstudien zu kunst-externen Wirkungen von sozial und/oder politisch engagierter Kunst

Nun ja, die Legitimation von Kunstschaffenden, außerhalb des eigenen Feldes gesellschaftliche Wirkungen zu erzielen oder gar kunstferne Gruppen über zielgerichtete Interventionen zu erreichen und zu aktivieren, stehe mitunter auf wackeligen Beinen, zumal es dafür ja spezialisierte Professionen wie etwa Sozialarbeit oder Journalismus gebe, um nur zwei zu nennen. Dies gestehen uns einige befragte KünstlerInnen ein, die sich dem Feld Kunst und soziale Praxis zuordnen lassen. Vor allem angesichts des Rückzugs öffentlicher Institutionen aus ihrer Verantwortung insbesondere für benachteiligte Gruppen, etwa im Zuge von Budgetkürzungen, orten die befragten KünstlerInnen jedoch einen steigenden Bedarf zur Abdeckung von Lücken bzw. zur Artikulation von Kritik. Außer engagierten Aktivisten aus der Zivilgesellschaft oder eben aus dem Kulturbereich sei kaum mehr jemand bereit, die Stimme gegen Ungerechtigkeiten zu erheben.

Vor diesem Hintergrund hat in den letzten beiden Jahrzehnten eine inzwischen unüberschaubare Anzahl an künstlerischen Initiativen, die sich unscharf mit sozial oder/und politisch engagierte Kunst umschreiben lässt, das Aufzeigen und Bearbeiten von gesellschaftlichen Widersprüchen, Diskriminierung oder Intoleranz zum Leitmotiv der eigenen Aktivitäten erhoben.

Kunstprojekte mit dem Vorsatz, in Überschreitung der Grenzen des Kunstfeldes gesellschaftliche Wirksamkeit zu erzielen, vor allem in Genres wie der bildenden Kunst, Performance/ Theater oder Video/Film, sind häufig im „crossover“ zwischen den Stühlen angesiedelt: erstens zwischen einem weiterhin aufrecht erhaltenen Kunstanspruch bei gleichzeitiger Ambition auf eine Intervention in gesellschaftliche Praxen; zweitens zwischen Kritik/Störung auf der einen Seite des Spektrums und Sozialarbeit/ Entstörung über Mittel der Kunst auf der anderen.

Vornehmlich abseits der klassischen Kunstorte wird eine wie auch immer zu definierende Einbindung von AdressatInnen als Königsweg angesehen; in erster Linie solchen, die mit Kunst wenig am Hut haben und von dieser aktiviert werden sollen. Dass diesen heterogenen Kunstszenen etwas die Konturen fehlen, ist angesichts der schnellen Abfolge von Trends und dem Gebot, sich als KünstlerIn tunlichst nicht zu wiederholen, wenig überraschend und wird auch nicht als Nachteil angesehen. Im Gegenteil gelten in vielen Projekten zu Kunst und sozialer Praxis kunstimmanente Kriterien wie Mehrdeutigkeit, Verrätselung oder Subversion in Form des Eindringens in artfremde Reviere als Garanten dafür, weiterhin anerkannter Teil des Kunstsystems zu sein.