Wiener Aktionismus. Kunst und Aufbruch im Wien der 1960er-Jahre.


Hrsg. Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien, Eva Badura-Triska & Hubert Klocker.
Texte von Edelbert Köb, Hubert Klocker, Kerstin Barnick-Braun, Rosemarie Brucher, Thomas Eder, Gabriele Jutz, Marie-Therese Hochwartner, Christian Höller, Kazuo Kandutsch, Brigitte Marschall & Johanna Schwanberg.

416 S. mit 1400 meist farb., teils ganzseit. Abb., Bibliographie, Kurzbiographien, Ppbd.
Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2012.

Bestell-Nr: 1456600, ISBN: 978–3-86560–881-9

Mit diesem Buch haben Eva Badura-Triska (Kuratorin mumok) und Hubert Klocker (Leiter Sammlung Friedrichshof) nach jahrelanger intensiver Recherche die bisher umfassendste Grundlagenpublikation zum Wiener Aktionismus vorgelegt. Konzipiert als Einführung sowie ausführliche Materialsammlung richtet sie sich an eine interessierte breite Leserschaft ebenso wie an ein Fachpublikum.

Der Wiener Aktionismus war eine der radikalsten Kunstbewegungen des 20. Jahrhunderts. Einst Aufreger und Schrecken des konservativen Bürgertums, gilt er heute, 50 Jahre danach, als einer der wichtigsten Beiträge Österreichs zur internationalen Avantgarde. Im Bestreben den Illusionismus des Tafelbildes zu überwinden, gelangten Günter Brus, Hermann Nitsch, Otto Muehl und Rudolf Schwarzkogler Anfang der 1960er-Jahre zu performativen Arbeiten, die eine tabufreie „direkte“ Konfrontation mit der sinnlich wie psychisch erfahrbaren Realität ermöglichen sollten.

Ihre Mal- und Materialaktionen, Körperanalysen und Manifeste gegen Staat und Gesellschaftsordung korrespondierten mit einem im Underground Film und Expanded Cinema entwickelten Sprach- und Materialbewußtsein. Kurt Kren, Ernst Schmidt jr., Valie Export und Peter Weibel nutzen das Medium über die Grenzen der Leinwand hinaus, um die Kontrollfunktion von Sprache und Massenmedien zu kritisieren. Die Wiener Gruppe (Friedrich Achleitner, Konrad Bayer, Gerhard Rühm, Oswald Wiener) setzten ihr Konzept, Sprache als visuelles und akustisches Material zu denken in Collagen und happeningartigen Veranstaltungen wie den Literarischen Cabarets (1958–59) um.

Zu sehen sind diese Kunstrichtungen vor dem Hintergrund eines restriktiven politischen und kulturellen Klimas im Österreich der 1950er- und
1960er-Jahre. Dank einer Anfang 2000 eingeleiteten Sammlungsoffensive besitzt das mumok heute die weltweit größte Museumssammlung zum Wiener Aktionismus.

Die Publikation zeigt die Vielschichtigkeit und Vielgesichtigkeit dieser Bewegung sowie deren Einbettung in den historischen Kontext. Dementsprechend werden auch die Leistungen von Wiener Gruppe, Wiener Formalfilm und Expanded Cinema vorgestellt, mit deren VertreterInnen die Wiener Aktionisten nicht nur intensive Kontakte pflegten, sondern auch wiederholt zusammenarbeiteten. Das gleiche gilt für wesentliche ProtagonistInnen aus den Bereichen experimenteller Musik und
Architektur. Das Buch bietet damit insgesamt einen Überblick über das besonders reiche Feld an grenz- und gattungsüberschreitender Kunst im Wien nach dem Zweiten Weltkrieg.

Neben umfangreichen Essays, welche die chronologische Entwicklung des Wiener Aktionismus und seines Umfeldes nachzeichnen, enthält die Publikation viele Kurztexte, die einzelne Aspekte herauszoomen. Hinzu kommen eine zahlreiche Detailinformationen enthaltende und umfassend illustrierte Aktionschronologie, ausführliche Biografien der Künstler sowie Kurzbiografien der Personen in ihrem Umfeld und eine Bibliografie.